BUNDESSOZIALGERICHT

 

Beschluss


in dem Rechtsstreit

Az: B 1 KR 149/06 B

 

Kläger und Beschwerdeführer,

Prozessbevollmächtigte:


gegen

 

Hanseatische Ersatzkasse,

Wandsbeker Zollstraße 86-90, 22041 Hamburg,

Beklagte und Beschwerdegegnerin.

 

Der 1. Senat des Bundessozialgerichts hat am 15. Januar 2007 durch den

Präsidenten von W. sowie die Richter Dr. K.

und Dr. H.

 

beschlossen:

 

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil

des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. September 2006 wird als

unzulässig verworfen.

 

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

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Gründe:


I


[Abs 1] Der bei der beklagten Ersatzkasse pflichtversicherte Kläger, kaufmännischer Angestellter mit

Anspruch auf sechsmonatige Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall, bezog

Krankengeld (Krg) ab 25. April 2000 wegen derselben Krankheit (Wirbelsäulenleiden und

somatisierte Depression) für 78 Wochen - unter Einrechnung der Zeit fortgezahlten Arbeits-

entgelts - bis zum 26. November 2002. Trotz bis zum 6. Januar 2003 ärztlich bescheinigter

Arbeitsunfähigkeit (AU) nahm der Kläger im Dezember 2002 seine Arbeit wieder auf. Wegen

erneuter AU zahlte seine Arbeitgeberin vom 28. Januar bis zum 27. Juli 2003 Arbeitsentgelt

fort. Mit seinem Begehren, ab 28. Juli 2003 Krg für weitere 140 Tage zu erhalten, ist der Kläger

in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat ua ausgeführt,

die Voraussetzungen eines Krg-Anspruchs nach § 48 Abs 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch

(SGB V) seien ab 28. Juli 2003 nicht erfüllt. Der Kläger habe im Dreijahreszeitraum vom

25. April 2000 bis zum 24. April 2003 wegen derselben Krankheit für 78 Wochen Krg bezogen.

Die sechsmonatige Fortzahlung des Arbeitsentgelts, die den Krg-Anspruch zum Ruhen

gebracht habe (§ 49 Abs 1 Nr 1 SGB V), sei nach § 48 Abs 3 Satz 1 SGB V wie eine Zeit des

Bezugs vom Krg zu berücksichtigen. Nach Beginn des neuen Dreijahreszeitraums mit dem

25. April 2003 habe wegen derselben Krankheit kein neuer Anspruch auf Krg bestanden, weil

der Kläger wegen derselben Krankheit weiterhin arbeitsunfähig und nicht erwerbstätig gewesen

sei oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden habe. Die Anrechnung des

sechsmonatigen Entgeltfortzahlungszeitraums auf den Krg-Bezug verstoße nicht gegen den

allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art 3 Abs 1 Grundgesetz (Urteil vom 14. September 2006).

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-

 

[Abs 2] Urteil und beruft sich auf Divergenz und auf die grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreits.

 

II

 

[Abs 3] Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 2 iVm § 169 Satz 3 Sozial-

gerichtsgesetz (SGG) zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2

Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Revisions-

zulassungsgründe der Divergenz und der grundsätzlichen Bedeutung (Zulassungsgründe des

§ 160 Abs 2 Nr 2 und 1 SGG).

[Absatz 4] 1. Soweit sich die Beschwerde auf den Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG beruft und

geltend macht, das LSG-Urteil sei vom Beschluss des Bundesverfassungsgerichts <BverfG>

(BVerfGE 92, 53 = SozR 3-2200 § 385 Nr 6) abgewichen, fehlt es an § 160a Abs 2 Satz 3 SGG


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genügenden Darlegungen. Wer sich auf diesen Zulassungsgrund beruft, muss entscheidungs-

tragende abstrakte Rechtssätze im Urteil des Berufungsgerichts einerseits und in einer höchst-

richterlichen Entscheidung andererseits gegenüberstellen und begründen, weshalb diese mit-

einander unvereinbar seien (vgl zB BSG, Beschluss vom 27. Juni 2005 - B 1 KR 43/04 B; BSG,

Beschluss vom 18. Juli 2005 - B 1 KR 110/04 B mwN). Erforderlich ist, dass das LSG bewusst

einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt hat und nicht etwa lediglich nur fehlerhaft das

Recht angewendet hat (vgl dazu BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44 f). An der Darlegung

eines vom LSG bewusst abweichend aufgestellten Rechtssatzes fehlt es. Die Beschwerde legt

lediglich dar, dass das LSG einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz unter

Hinweis auf Entscheidungen des BVerfG (BVerfGE 79, 224 = SozR 2200 § 180 Nr 46; 53, 313

= SozR 4100 § 168 Nr 12) verneint hat, nicht aber die von der Beschwerde für einschlägig

erachtete Entscheidung des BVerfG vom 11. Januar 1995 (BVerfGE 92, 53 = SozR 3-2200

§ 385 Nr 6) zugrunde gelegt hat. Damit legt die Beschwerde indessen keine Divergenz im

Sinne eines bewussten Aufstellens abweichender Rechtssätze dar.

 

[Abs 5] 2. Die Beschwerde legt auch den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht hinrei-

chend dar. Den Darlegungserfordernissen an eine Grundsatzrüge genügt eine Nichtzulas-

sungsbeschwerde nur dann, wenn eine Rechtsfrage klar formuliert und ausgeführt wird, inwie-

fern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungs-

bedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a

Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN).

Die Beschwerde sieht die Frage als grundsätzlich bedeutsam an, ob die Bestimmung des § 48

Abs 3 Satz 1 SGB V verfassungsgemäß ist. Es bedarf keiner Entscheidung, ob damit eine

Rechtsfrage hinreichend klar bezeichnet ist, obwohl die bloße Behauptung der Verfassungswid-

rigkeit einer Norm hierfür regelmäßig nicht genügt (vgl zB BSG, Beschluss vom 22. Juli 1993

- 11 BAr 5/92; BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; vgl auch BVerfG SozR 1500 § 160a

Nr 45). Auch wenn man insoweit die Begründung zum Vorliegen einer Divergenz in die

Beschwerdebegründung für die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache einbezieht, geht

die Beschwerde jedenfalls nicht hinreichend auf die Klärungsbedürftigkeit der Frage ein. Ist eine

Frage bereits von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden, ist sie grundsätzlich

nicht mehr klärungsbedürftig (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17; BSG SozR 1500 § 160

Nr 51 S 52). Soll gleichwohl eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage geltend gemacht

werden, obliegt es dem Beschwerdeführer darzulegen, in welchem Umfang, von welcher Seite

und mit welcher Begründung der Rechtsprechung widersprochen worden bzw die Anforderun-

gen der Rechtsfrage umstritten ist (vgl zB BSG SozR 1500 § 160 Nr 51 S 52 mwN). Daran fehlt

es. Die Beschwerde nimmt schon nicht die höchstrichterliche Rechtsprechung in den Blick, die

bereits die Vorgängerregelung in § 189 Reichsversicherungsordnung (RVO) und § 385 RVO als

eine verfassungskonforme Ausgestaltung des Leistungsrechts angesehen hat (vgl BSGE 56,

191 = SozR 2200 § 385 Nr 6). Zudem geht die Beschwerde nicht auf die Rechtsprechung ein,

wonach der Ausschluss von Doppelleistungen, der der Ruhensregelung in § 49 SGB V

 

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zugrunde liegt, und an den § 48 Abs 3 Satz 1 SGB V anknüpft, aus Gründen der Gleichbehand-

lung nicht nur sachlich gerechtfertigt, sondern geradezu als geboten angesehen werden kann

(vgl BSG SozR 3-2500 § 49 Nr 3 S 8 mwN). Schließlich setzt sich die Beschwerde auch nicht

damit auseinander, dass die von ihr selbst zitierte Entscheidung des BVerfG (BVerfGE 92, 53,

71 = SozR 3-2200 § 385 Nr 6 S 21) es als verfassungskonform ansieht, dass im

Sozialversicherungsrecht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einerseits Maßstab für die

Heranziehung zu Beiträgen ist, andererseits die durch den Versicherungsfall verursachte

Einbuße an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit Maßstab für die Berechnung von Lohner-

satzleistungen ist. Fehlt es an einer durch den Versicherungsfall verursachten Einbuße an wirt-

schaftlicher Leistungsfähigkeit, ist - jedenfalls ohne eingehende, hier fehlende Darlegungen -

nicht ersichtlich, wieso Raum für Lohnersatzleistungen sein soll. Ebenso wenig ist ohne

entsprechende, hier nicht vorhandene Darlegungen ersichtlich, wieso derjenige, der volles

Arbeitsentgelt bezieht, beitragsrechtlich zu privilegieren wäre. Die Beschwerde geht auch nicht

darauf ein, dass vorliegend lediglich die Leistungs-, nicht aber die Beitragsseite betroffen ist.

 

[Abs 6] 3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 3 SGG).

 

[Abs 7] 4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.


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