Instanz 1: S 14 KR 69/08 ER
Instanz 2: L 5 B 314/08 KR ER
Instanz 3: 1 BvR 1601/08
Entscheidung: L 5 B 314/08 KR ER
BAYER. LANDESSOZIALGERICHT
in der Beschwerdesache
- Antragsteller und Beschwerdeführer -
gegen
Krankenkasse,
- Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin -
wegen einstweiliger Anordnung
erlässt der 5. Senat des Bayr. Landessozialgerichts in München
am 3. Juni 2008
ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden Richter am Bayer. Landesso-
zialgericht M. sowie die Richtern am Bayer. Landessozialgericht W.
und den Richter am Bayer. Landessozialgericht R. folgenden
Beschluss:
I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des
Sozialgerichts Regensburg vom 12.03.2008 wird zurückgewie-
sen
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
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Gründe:
I.
Der am ... geborene Antragsteller ist multimorbid und
leidet insbesondere an einer chronisch d.
N, weswegen er laufend ... [behandelt] wird. Er
begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes Fahrtkostener-
stattung von der Antragsgegnerin, bei welcher er gesetzlich
versichert ist.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2008 wies die Antragsgegne-
rin mehrere Widersprüche des Antragstellers gegen Fahrkosten-
abrechnungen zurück, weil diese das notwendige Maß überschrit-
ten hätten, unter anderem weil die Fahrten zur ambulanten Be-
handlung außerhalb der D. nicht erstattungsfähig seien.
Dagegen hat der Antragsteller Klage zum Sozialgericht Regensb-
urg erhoben und gleichzeitig einstweiligen Rechtsschutz bean-
tragt. Unbestritten müsse die Antragsgegnerin die Fahrkosten
zu medizinisch notwendigen Behandlungen erstatten. Er sei als
Empfänger von Leistungen der Grundsicherung für Erwerbsunfähige
bei einem Regelsatz von monatlich 278,00 EUR nicht in der Lage,
die erforderlichen Taxikosten zu tragen. Zudem seien nicht nur
20 Cent, sondern 30 Cent pro gefahrenen Kilometer erstattungs-
pflichtig. Dagegen hat sich die Antragsgegnerin gewandt und
ausgeführt, grundsätzlich übernehme sie die notwendigen Fahrt-
kosten für notwendige medizinische Behandlungen. Die entspre-
chende gesetzliche Regelung lasse jedoch höhere als die bislang
angesetzten Kostenerstattungen nicht zu.
Mit Beschluss vom 12.03.2008 hat das Sozialgericht den Antrag
zurückgewiesen im Wesentlichen mit der Begründung, eine unmit-
telbare Gefährdung für Leib und Leben des Antragstellers sei
bei der Nichtgewährung des einstweiligen Rechtsschutzes nicht
erkennbar. Zu beachten sei, dass die Entscheidung des einstwei-
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ligen Rechtsschutzverfahrens zu Gunsten des Antragstellers die
Hauptsache vorwegnehmen würde, weil im Falle der Unrechtmäßig-
keit dieser Entscheidung der Erstattungsanspruch der Antrags-
gegnerin mangels finanzieller Leistungskraft des Antragstellers
ins Leere liefe. Eine konkrete Gefährdung des Antragstellers
sei nicht erkenntlich, zumal der Antragsteller dargetan habe,
er könne mit einem eigenen bzw. geliehenen Pkw fahren. Aus den
medizinischen Unterlagen ergebe sich, dass der Antragsteller öff
entliche Verkehrsmittel nutzen könne, wenn auch nicht regel-
mäßig. Die Fahrkostenabrechnungen der Beklagten seien auch der
Höhe nach zutreffend erfolgt, insbesondere seien nur 20 Cent
je gefahrenen Kilometer, nicht aber 30 Cent erstattungsfähig.
Dagegen hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt und geltend
gemacht, streitig sei nicht die Erstattungshöhe in Höhe von
30 Cent oder 20 Cent, sondern er beantrage die Übernahme von
Fahrkosten zu ambulanten Behandlungen mit jeglichem Transport-
mittel, nicht nur mit Taxen. Das Vorgehen der Antragsgegnerin
stelle einen Verstoß gegen seine Menschenwürde dar, weil er im-
mer wieder um Zahlungsaufschübe betteln müsse, Der Zweck des
Schonvermögens, aus welchem er die Kosten vorstrecken müsse,
werde von der Antragsgegnerin verkannt. Die Verweigerung der
notwendigen Fahrkosten sei ein Angriff auf seinen Leib und sein
Leben. Es sei abzusehen, dass die Verwandten des Antragstellers
künftig nicht mehr bereit sein könnten, ihr Fahrzeug zur Verfü-
gung zu stellen. Auch im Übrigen sei der angefochtene Beschluss
rechtswidrig.
Die Antragsgegnerin hat Zurückweisung der Beschwerde begehrt
und auf ihr bisheriges Vorbringen Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerechte Beschwerde ist zulässig
(§§ 172 ff. Sozialgerichtsgesetz – SGG – ) aber unbegründet.
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Unter Bezugnahme auf die zutreffenden Ausführungen des ange-
fochtenen Beschlusses ist zunächst auszuführen, dass für die
begehrte Regelungsanordnung im Sinne des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG
ein Anordnungsgrund, der die Eilbedürftigkeit begründet sowie
ein Anordnungsanspruch, welcher die Rechtsgrundlage für das ma-
terielle Begehren bildet, bestehen muss. Weil vorliegend keine
konkrete Gefährdung für Leib und Leben des Klägers durch Nicht-
behandlung einer lebensbedrohlichen Krankheit im Streite steht,
ist im Wege des summarischen Verfahrens zu entscheiden, ob der
geltend gemachte einstweilige Rechtsschutz zu gewähren ist oder
nicht.
In Würdigung der Beschwerdeschrift vom 11.04.2007 ergibt sich,
ass der Antragsteller sein Begehren erweitert hat und nunmehr
die Übernahme von Fahrkosten zu ambulanten Behandlungen mit
jeglichem Transportmittel streitig ist. Nicht mehr zu befinden
ist hinsichtlich der Erstattungshöhe ob 20 oder 30 Cent pro ge-
fahrenem Kilometer zu zahlen wären.
Ein solches weitgehendes Begehren ist dem einstweiligen Rechts-
schutz nicht zugänglich, zumal die Antragsgegnerin erklärt hat,
dass sie grundsätzlich die Fahrkosten zur D., zur statio-
nären Behandlung sowie im Übrigen nach Maßgabe des § 60 Sozial-
gesetzbuch V übernimmt. Danach hat sie auch gehandelt, indem
sie die entsprechenden Kostenerstattungen für die Vergangenheit
erbracht hat – wenn auch die Höhe der zu erstattenden Leistung
und deren Umfang streitig geblieben ist. Eine generelle Ver-
pflichtung der Antragsgegnerin, Fahrkosten in angefallener Höhe
zu nicht näher konkretisierten Behandlungen zu erstatten ist
damit nicht veranlasst. Eine solche Entscheidung widerspräche
auch der gesetzlichen Regelung in § 60 SGB V, welche in einer
klaren Ordnungsstruktur bestimmt, unter welchen Voraussetzungen
welche Fahrkostenerstattungen geleistet werden dürfen.
Die Beschwerde des Antragstellers ist deshalb in vollem Umfang
zurückzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gegen diesen Beschluss ist Beschwerde zum Bundessozialgericht
nicht eröffnet, § 177 SGG.